Kolumne: It`s Entertainment #1 – Wrestling im Filmgeschäft (18.10.2020 – By Slinky)

It’s Entertainment – #1 – Wrestling im Filmgeschäft
Pro Wrestler verdienen ihr Geld nicht nur mit Kampf-Gagen, Merchandising und Verwertungsrechten der Kampfaufnahmen, sondern es gibt viele weitere Tätigkeitsfelder mit denen sie ihren Unterhalt bestreiten können. Ein weiteres Betätigungsfeld ist das Filmgeschäft. Und an dieser Stelle möchte ich gerne beschreiben, wie das geschieht.
Das gegenwärtige Filmprojekt, an dem ich mitwirken, heisst „Planet Zee“. Es handelt sich dabei um einen Horrorfilm in Spielfilmlänge, in dem es darum geht, dass zwei Filmschaffende einen Dämon beschwören und sich mit diesem konfrontiert sehen. Ich spiele den Dämon – und natürlich sind auch ein paar Wrestling-Aktionen in dem Kinofilm eingebunden.
Den Trailer von Planet Zee könnt ihr Euch hier ansehen: KLICK

Wie kommt man als Wrestler an eine Film-Rolle?
Wie auch im Geschäft des Pro Wrestling gibt es hauptsächlich zwei Möglichkeiten, wie man als Wrestler an eine Rolle in einen Film kommt. Entweder man wird für diese Arbeit durch andere zumeist Filmschaffende empfohlen, das geschieht oft bei den finanzstarken Projekten, wo man auch sehr viel Geld verdienen kann, oder man bewirbt sich auf eine ausgeschriebene Rolle.
Ich selbst durchforste fast täglich ausgeschriebene Rollenangebote und bewerbe mich dann darauf. Die meisten Fans sehen diese langwierige und zeitaufwendige Arbeit nicht. Aber das gehört dazu. Man steht nicht einfach so vor der Kamera, sondern muss dafür hart arbeiten. Die aufgewendete Zeit ist auch ein Grund, warum Schauspieler und auch Pro Wrestler höhere Gagen als Laiendarsteller nehmen, die sich zumeist sporadisch initiativ bewerben.

Für Planet Zee wurde ich empfohlen bzw. ich hatte zuvor schon bei anderen Projekten des Produzenten S.B. Goldberg mitgewirkt. Auch mit der Regisseurin Zetkin Yikilmis hatte ich schon zuvor gearbeitet. Oft ist es so, dass man sich erstmal einen kleinen Namen machen oder sich „hocharbeiten“ muss. D.h. ich habe viele Jahre zuvor schon gering bezahlte Komparsenrollen übernommen, dann immer mehr kleine Sprachrollen gemacht, bis ich dann schliesslich eine Nebenrolle angeboten bekam. Zudem habe ich auch zuvor schon in vielen anderen Bereichen des Filmbereich etwas gemacht, hatte bspw. Kamera- oder Tonarbeiten übernommen. Dass einen gleich eine Hauptrolle zufliegt, das passiert also in den wenigsten Fällen. Man muss erst in sich und das Geschäft investieren, und sich interessant machen, ehe andere Personen in diesem Geschäft sich für einen interessieren und Geld in die eigene Arbeit investieren!
Pro Wrestler haben den Vorteil, dass sie woanders auch eine Fan-Basis haben, die einen Film-Produzenten auch interessieren kann. Andererseits sind Wir Wrestler auch an professionellen Arbeitsweisen gewöhnt – die so ähnlich auch in der Filmproduktion stattfinden.

Ein Drehtag – So findet das statt
Für gewöhnlich erhält man vor dem Drehtag eine Rollenbeschreibung und ein Drehbuch. Das sollte man sich gut durchlesen, sich dort einfühlen und seine Rolle und den Rollentext kennen. Ein Drehtag selbst ist eigentlich relativ langweilig, da viele andere Szenen gedreht werden, an denen man nicht unbedingt mitwirkt. Szenen werden oft viele Male wiederholt, um das beste Ergebnis herauszubekommen, um spezielle Effekte zu erreichen oder um viele unterschiedliche Kamera-Einstellungen zu haben.

Letztendlich kommt man an dem Set, den Drehort, an, meldet sich bei der Produktion, und wird dann zum Ankleiden und zur Maske geschickt.Man nimmt die Kleidung für die Szene im Empfang und kleidet sich an, geht dann zur Maske, wo man ein entsprechendes filmreifes Makeup erhält. Dann meldet man sich wieder bei der Produktion vor Ort. Das ist meist ein Produktionsassistent, der für die Koordinierung am Set verantwortlich ist. Am Set sind dann noch viele andere interessante Leute. Beispielsweise ein Runner, der viele Kleinigkeiten am Set macht, praktisch hin- und herrennt, Kleinigkeiten zum und vom Set bring, damit das nicht die anderen Leute am Set machen. Am Set befinden sich oft Ton- und Kamera-Leute, der Regisseur, ein Produzent, der Produktionsassistent. Um den Set herum befindet sich dann noch ein Catering, die Maske und die Ausstattung.

Jedenfalls meldet man sich bei dem Produktionsassistenten, wenn man fertig für den Dreh ist. Und das ist alles. Man lässt solange den Produktionsassistenten nicht aus den Augen, bleibt an seiner Seite – oder sitzt in einem speziellen Wartebereich – bis er sagt, dass man dran ist. Das ist oft stundenlanges Warten. Laiendarsteller sind da dann eher unprofessionell, wandern am Set rum oder verschwinden einfach so, ohne sich abzumelden. Profis warten hingegen einfach an vereinbarter Stelle und melden sich ab, wenn sie bspw. mal auf Toilette oder zum Telefonieren rausgehen müssen.
Wenn man dann endlich mit einer Szene dran ist, dann geht man vor der Kamera und wird vom Regisseur angesprochen. Dieser richtet dann die Aufnahme ein – und arrangiert alles Weitere. Auch hier kann man das Verhalten von Laien und Profis sehr gut unterscheiden. Man sieht oft sehr gut an die eigene Positionierung vor der Kamera wer wer ist. Und auch an der Art der Gesprächsführung mit dem Regisseur. Der Beginn der Szenen-Aufnahme wird von dem Regisseur angekündigt, und auch das Ende wird von diesem bestimmt. Oft mit einem „Bitte“ als Start und einen „Danke“ als Ende. Was immer auch geschieht, dazwischen spielt man eine Rolle. Das ist auch ein gewaltiger Unterschied zu dem Wrestling-Bereich, wo man ursprünglich in der Öffentlichkeit immer seiner Rolle treu sein sollte.
Aber auch andere Unterschiede gibt es. Beispielsweise ist es üblich, dass man sich bei einer Wrestling-Show bei jedem Arbeiter persönlich vorstellt, diesen die Hand gebt, und sich auch per Handschlag wieder verabschiedet. Am Film-Set ist das so nicht üblich. Wobei das sich auch geringfügig angleicht, dort wo bspw. Wrestling-Promotions für das Fernsehen produzieren.

Das Casting und Fitting
In den meisten Fällen bewirbt man sich auf eine Film-Rolle und muss sich dann bei einem Casting empfehlen. Wird man genommen, wird man dann oft auch zu einem Fitting (eine Kostümanprobe) eingeladen.
Vor dem Casting hat man üblicherweise Fotos, eine Personenbeschreibung, Kontaktdaten und Videos von sich selbst eingerecht. In vielen Fällen muss man beim Casting einen Teil der Rolle vorspielen, wird bei dem Spielen von verschieden Emotionen gefilmt – und muss sich auch erst einmal persönlich vorstellen.
Zum Fitting geht man dann, wenn man seine Rolle schon hat. Hier werden unterschiedliche Kostüme anprobiert. Gegenbenfalls werden auch die eigenen Maße genommen.
Für Stunteinlagen (unter die Wrestling oft gezählt wird) gibt es dann manchmal auch eine spezielle Einladung zu einer Vorbereitung mit einem speziellen Stuntchoreografen. Bei so einem Workshop wird dann nochmal die Performance speziell geübt und darauf vorbereitet. Für kleinere Stunts, oder Wrestling-Sachen, wird aber oft auch auf das eigenverantwortliche Handeln der Pro Wrestler am Set gesetzt.

Wieviel verdient man als Pro Wrestler beim Film?
Für Komparsenarbeiten und Aufnahmen im Kleindarstellerbereich wird man oft nach Tarif bezahlt. Die Sätze sind kein Geheimnis. Dabei handelt es sich zumeist um etwa 100 Euro Brutto pro 8-stündigen Drehtag. Bei allem wo es um das eigene Spiel, die eigene Choreografie oder eine grössere Rolle geht, da greifen diese Tarif-Verträge allerdings nicht. Zumeist werden die Gagen und die Vergütung der Verwertung da frei vereinbart. Allerdings gibt es da auch eine Praxis, die sich eingebürgert hat.
Beispielsweise bekommt man für die nationale Verwertung eines Werbespots nochmal die einfache Gage. International dann noch einmal die dreifache Gage und weltweit die fünffache Gage. So kann man für einen Werbespot oder ein Musikvideo schon mal für einen Drehtag 600 Euro Gage bekommen, und dann nochmal 3000 Euro für die weltweite Verwertung.

Wenn Laiendarsteller sich bewerben, und dann zu Casting und Fittings gehen, und dann bei der Gagenverhandlung, machen sie aber oft auch die Gagen kaputt. Beispielsweise bezahlt eigentlich jede grössere Medienproduktion auch das Fitting und das Casting selbst. Da es aber eine Scharr an Menschen gibt, die „mal gerne im Fernsehen sein“ wollen, drücken Produzenten oft die Preise. Jemand, der das als Hobby macht, der weiss halt oft nicht, was gewöhnlich für eine Arbeit an Geld genommen und gegeben wird. Und dann nehmen solche Leute für Sprech-Rollen auch mal nur Komparsengagen, und machen für professionelle Schauspieler und auch Pro Wrestler das Geschäft kaputt. Ähnliches gibt es ja auch im Wrestling-Bereich, wo es auch Aktive gibt, die das als Hobby machen – und Pro Wrestler, die das Wrestling als Beruf ansehen.

Pro Wrestling am Set
Bei Planet Zee hatte ich das Glück Wrestling-Aktionen mit dem professionellen russischen Schauspeiler Alexander Tsypilev zeigen zu können. Er war ziemlich sportlich, und hat sich für die Arbeit sehr geöffnet, sich dafür selbst interessiert. Bei den ungewohnten Würfen und Schägen, die sonst nicht jeder mitmachen würde, hat er ohne Angst die Sache durchgezogen. Wir sind die Aktionen detailiert durchgegangen, ich habe die Sicherheitsaspekte erklärt, und sind Wir beide ohne Murren ans Werk gegangen.
Nicht jeder Schauspieler ist bei solchen Sachen so einfach wie Alexander Tsypilev. Sportfremde Schauspieler werden manchmal darum durch Body-Doubles ausgetauscht. Und das Wrestling unterscheidet sich auch von Stuntarbeit vor der Kamera gewaltig. Wenn Wir beispielsweise ohne Probleme auch auf einen Betonboden fallen können, wird beim Stunt das Meiste gut gepolstert. Also wenn man auf den Boden fällt, dann sowohl der Körper als auch der Boden. Und auch die Schläge sehen im Film ganz anders aus als im Wrestling. Wenn ich jemand in einem Wrestling-Kampf beispielsweise auf den Rücken schlage, dann mache ich das mit voller Wucht und grossflächigen Körperkontakt. Im Stunt-Bereich gibt es meist keinen gegenseitigen Körperkontakt – und je nach Einstellung werden die Schläge auch langsamer ausgeführt. Das merkwürdige für Uns Wrestler ist es da tatsächlich einen viertel Meter vorbeizuschlagen. Viele Filmschaffende sind hingegen dann sehr überrascht, dass Wir beim Wrestling „echt“ zuschlagen.
Vor der Kamera im Film-Geschäft habe ich mit Pro Wrestling meistens nur positive Erfahrungen gemacht. Es ist für mich eine weitere Einkommensmöglichkeit, eine Möglichkeit, um mich künstlerisch weiter zu entfalten und natürlich auch eine weitere Plattform um mich zu präsentieren. Zudem ist es eine gute Sache, um zu Netzwerken.
Ich mache schon seit über 22 Jahren etwas im Film-Bereich, aber mit Pro Wrestling da etwas zu machen, das ist nochmal was ganz Besonderes. Ich liebe Pro Wrestling, und ich liebe das mit Film und Fernsehen zu verbinden!

So long… Slinky 🙂

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