Kolumne: “On the road mit Michael Kovac” #8 (SUDAN – 22.03.2016)

Wrestling im Sudan

Nach einem netten Wochenende in Prag, mit meinen Eltern, ging es dienstags mittags los Richtung Istanbul mit Turkish Airlines, cooler Flug mit vollem Service. Nach einiger Zeit treff ich dort am Flughafen Chris Masters, der nach seiner Knieoperation immer noch humpelt und eigentlich erst in einem Monat in den Ring steigen sollte. Er hat aber ein Teammatch, wo dieses Handicap leicht zu kaschieren sein sollte, weiters unterhalten wir uns noch über die kommenden Comic-Kinoverfilmungen. Es treffen noch Steve Lynsky und Davies ein und es geht weiter nach Khartoum, der Hauptsadt Sudans. Dieser Flug war echt übel, kein Boardentertainment, obwohl Kopfhörer verteilt wurden, das nen ich mal ne Verarsche! Anders die Ankunft, die Catcher wurden direkt vom Flugzeug mit nem eigenen Bus abgeholt und in einen VIP-Raum gebracht. Es folgen hunderte Fotos mit irgendwelchen Schwarzen, bevor es ins Hotel weitergeht, dem Besten der Stadt.

Es war schon spät, bis jeder sein Zimmer bekam und die erste Nacht hatte ich gar nicht mal so gut geschlafen, aber das reichliche Frühstück machte das wieder wett. Es stand ein Besuch beim Sportminister auf dem Programm, welcher sich schön in die Länge zog, weil dieser sehr viel laberte und unsere Übersetzer fassten das Ganze auf ein „Herzliches Wilkommen“ zusammen. Bei der Pressekonferenz danach kam es zu einem persönlichen Highlight für mich, als Davies angewiesen wurde nur Deutsch zu sprechen. Er schrei laut ins Mikrofon und schloß seine Promo mit einem kräftigen „Oaschbudan“ ab, wobei ich mir nen fetten Grinser nicht verkneifen konnte.

Nach nem leckeren Mittagessen im Hotel ging es noch zum traditionellen sudanesischen Sandringen, wo fast 5000 kreischende Fans auf die Wrestlingstars warteten. Wir sahen zwei Ringkämpfe ihrer besten Ringer, wobei aber gar nicht mal soviel am Sandplatz passierte. Actionreicher Höhepunkt war eher der Toilettengang von mir und Bambi mit ner Polizeieskorte durch die Menschenmassen, das viele Wasser trinken forderte seinen Tribut. Apropos Trinken: Neben endlos Wasser war dort Hibiskussaft mein Lieblingsgetränk, denn es herrschte striktes Alkoholverbot. Erst am Abend gab es nach dem Workout alkoholfreies Bier im Hotelrestaurant nach dem Motto: „In der Not frißt der Teufel Fliegen!“ Am zweiten Tag machten angebliche Terrordrohungen gegen das Stadion die Runde, aber das sollte sich als haltlos herrausstellen, ich verkauf so etwas sowieso nicht. Es stand ne große Nilrundfahrt am Programm, „Gott sei Dank“ war diese erst später, denn unter Tags waren es dort um die 45 Grad. Am Boot war ein großes Buffet für die Wrestler angerichtet, überhaupt wurden wir überall wie Superstars behandelt, war immerhin das erstemal Live-Wrestling im Land.

Die Bootsfahrt war absolut chillig, obwohl sich der blaue Nil eher als kackebraun rausstellte. Abends gabs nach dem Workout wieder Steaks und alkfreies Bier, sogar der „schüchterne Mexikaner“ ohne Maske gesellte sich zu uns.

Schon an diesem Abend hatte ich das Gefühl der wollte was von mir, traute sich aber nicht zu fragen. Am dritten Tag, Freitags, war die Show angesetzt und nachdem sich das Team mit Frühstück und Mittagessen gestärkt hatte, gings um 17h ins Stadion, natürlich mit Militär- und Polizeieskorte, so wie es sich gehört.

Da fast alle noch in der Nacht zwischen 2h und 3h den Heimflug hatten und der Event erst um 21h begann, sollte das Ganze eher kurz gehalten werden. 5 Kämpfe rein, raus , ab nach Hause quasi.

Im Stadion checken wir erst mal den Ring aus und es gibt da mal spontan ein Feuerwerk für die Leute, einfach mal so, weil ja heute die Wrestler da sind. Wir fragen uns noch, wieviel Zuseher dann wirklich da sein werden, denn es passen ja gut 25.000 in das Stadion, aber die Preise waren doch sehr hoch angesetzt für ein afrikanisches Land. Das Gute für mich war, ich durfte den Opener bestreiten, mein kanadischer Gegner war genauso old-school wie ich und wir einigten uns auf 7-8 Minuten Kampfzeit, was hier reichen sollte. Highlight im Kampf war dann ein Furz des Referees, der mich kurz aus der Fassung brachte und ich fast mehr verkaufte als die Aktion des Gegners. Backstage berichteten wir John Morrison, wie das Publikum, das sich bei ca. 5000 eingependelt hatte, so abgeht, weil er das nächste Match hatte. Der maskierte Mexikaner druckste die ganze Zeit so rum und traute sich dann endlich fragen, ob er ein gemainsames Foto mit den Ösis haben kann, was wir auch machten. Das ganze kann natürlich auch frei erfunden sein, aber macht ne gute Story. 😉

Nach dem letzten Kampf, Bambi und Davies noch schwitzend in Ringklamotten, ging es ruckzuck in den Tourbus zurück zum Hotel, damit wir noch kurz vorm Rückflug duschen konnten. Dort kamen wieder alle Wrestler in einen VIP-Raum, wo wir nochmals lecker Hibiskussaft schlürfen konnten und sich ein „Flughafenfuzzi“ um unsere Ausreisevisa und Boardingkarten kümmerte. Genau 5 Minuten vor Abflug, manche hatten schon Panik in den Augen, wurden wir zum Flieger gebracht und es ging Richtung Heimat. Und wie sehr ich mich auch auf ein Bier gefreut hätte, war natürlich auch keines an Bord zu kriegen, shit happens!

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