Tim Storm im WrestlingFever.de Interview (Deutsch, 04.02.2018)

WF: Tim, danke für Deine spontane Zusage!

T: Danke dass Du Dir die Zeit nimmst mich, und hoffentlich die NWA wieder, kennenzulernen. Es ist eine aufregende Zeit ein Teil der ältesten Promotion in diesem großartigen Business zu sein.

WF: Ich muss ehrlich gestehen, das ich bis vor einiger Zeit noch nichts von Dir gehört habe. Umso mehr freut es mich, dich den Fans hier im deutschsprachigen Bereich vorstellen zu dürfen. Doch alles der Reihe nach. Wann hast Du Pro Wrestling für Dich entdeckt, Du bist ja „erst“ seit den 2000ern aktiv?

T: Damit bist Du nicht allein. Eines meiner Lieblingszitate ist dass es nur 20 Jahre dauerte um über Nacht berühmt zu werden. Ich bin mir mit dem ‚über Nacht‘ Teil nicht ganz sicher aber es ist wahr. Ich bin mit Wrestling gucken aufgewachsen und verliebte mich bereits sehr früh.

WF: Wie war das Wrestling damals zu Deinen Anfängen, wie waren die Schulen (qualitativ). Bei uns steckte 2000 noch alles in den Kinderschuhen.

T: Ich glaube mein erstes Jahr war 1996 oder 97. Ich habe das WCW Power Plant kontaktiert und mit ihnen gesprochen. Allerdings war ich zu diesem Zeitpunkt Vizepräsident einer Firma, hatte ein Haus abzubezahlen, zwei Autos abzubezahlen und hatte bereits zwei Kinder. Ich konnte nicht einfach mein Leben anhalten und in eine komplett andere Richtung drehen, also suchte ich mir eine Wrestlingschule ein paar Stunden entfernt in Paris Ark. Ich trainierte dort 8 Monate bevor ich mein erstes Match hatte.

WF: Bei wem hast Du damals trainiert, gab es einen oder mehrere Trainer und wie oft musstest Du zum Training, wie gestaltete es sich, im Vergleich zu heute?

T: Bill Ash war der Besitzer der Schule und Chef-Trainer. Die heutige Generation hat vermutlich noch nichts von Bill gehört aber die Wrestler der 80er und 90er kannten ihn gut. Es war so Oldschool wie es nur sein kann. Mehr Ringen und Mattenrollen als ‚Moves lernen‘. Wir lernten wie man seinen Gegner shootet aber beschützt. Die Decke war so niedrig dass man nicht einmal auf dem obersten Seil stehen oder einen Back Drop Suplex einstecken konnte daher hatte man von Highspots noch nichts gehört. Es war alles sehr physikalisch und real. Ich fuhr die 2 ½ Stunden lange Strecke zweimal die Woche.

WF: Du warst PCW Heavyweight Champion und mehrmaliger Tag Team Champion. Statistisch gesehen hattest Du dort auch die längsten Regentschaften. Diese Liga gibt es heute nicht mehr – Was ist passiert, hast Du Infos darüber?

T: Die PCW war eine tolle Promotion von der ich viel gelernt und profitiert habe. Die Zusammenarbeit mit dem Lokalfernsehen verhalf mir zu einem Basiswissen für Kameraeinstellungen, Inszenierung und Promos. Backstage und die Talente waren fantastisch. Auch nach 10 und mehr Jahren in den Backstagebereichen des Südwesten der USA, sind diese Jungs in vieler Hinsicht die besten. Ich glaube dass die finanzielle Last einer wöchentlichen TV-Produktion für die Eigentümer zu groß war. Sie trainieren wieder MMA und Boxen und machen Werbung für die Events.

WF: Wenn Du auf Deine nun fast 20 jährige Karriere zurück blickst, was hat sich Deiner Meinung nach grundsätzlich im Biz verändert, sehen wir von den Leichtgewichten mit den Highspots ab?!

T: Ich denke es gab schon immer Leichtgewichte und Highspots. Offensichtlich ist das in den letzten 10 Jahren etwas mehr geworden und aufgrund der Ansprüche der Fans, hat sich das geändert. Ich habe mal gehört, die Analogie des Wrestlings ist wie Eiscreme. Es gibt viele versch. Geschmacksrichtungen und jeder hat seinen eigenen persönlichen Favoriten. Das bedeutet nicht, das die eine Person recht hat und die andere nicht. Es bedeutet eben, das es verschiedene Geschmäcker gibt. Das gleiche gilt für das Wrestling. Einige mögen Highflyer und bevorzugen deren Stil. Andere bevorzugen die Größeren mit dem physischen Stil, wie es meiner ist.

Andere bevorzugen Comedy (nicht mein Favorit). Ich habe das starke Gefühl, was ich mache ist optimal und passt für mich. Das bedeutet nicht, das ich jedermanns Geschmack bin, das ist ok. Die andere große Veränderung in der letzten Zeit in den USA liegt an der der Qualität der Talente und bei der Masse der Shows, auch an der eben diesen.

Es liegt daran, wie viel Geld ein Promoter dafür ausgeben möchte. Der tröpfelnde Effekt ist, das dann auch mal die Show Qualität leidet, die Fans bekommen ein minderwertiges Produkt, verlieren das Interesse und kommen nicht mehr. Das betrifft uns alle. Nochmals, ich spreche hier im allgemeinen, denn viele Promoter arbeiten hart und buchen großartige Talente für die Fans.

WF: Gibt es für Dich etwas in dem Business, was Dir nicht so gefällt? Wie siehst Du beispielsweise das Internet, Social Media?

T: Ich denke das beides eine Auswirkung auf das Wrestling Business hatte. Beides positiv und negativ. Die gute Seite ist, du findest Matches aus aller Welt online von fast jedem Wrestler. Ich leibe es Wrestling anzusehen aber bervorzuge klassische Matches von Stan Hansen, Bruiser Brody, Terry Gordy, Dr. Death, aber ich kann fast alles finden. Die negative Seite ist, das unser Business nicht mehr so geschützt ist, wie es mal war. Für jemanden wie mich war es die Einstellung, die zählte.

WF: Ich habe beim recherchieren Deine Teilnahme 2011 am „Inaugural Germanfest Wringenmeisterschaft Tournament“. Weißt Du wie der Name oder die Idee zu diesem Turnier entstand? Am Ende konntest Du siegreich aus dem Turnier gehen.

T: Das „Germanfest“ ist eine jährliche Feier die im Norden von Texas stattfindet, das GWT Turnier ist eine Idee von Cowboy Johnny Mantel wo die besten nationalen Talente und möglicherweise der Welt teilnehmen können. Jedes Match wird von 3 Richtern tabellarisch bewertet werden. Die Teilnehmer mit der höchsten Punktzahl starten in einem Singles Elimination Turnier. Es war höchst wettbewerbsfähig und anspruchsvoll. Ich glaube am finalen Tag wrestlete ich an die sieben mal. Ich glaube Du und Deine Leser können das besser übersetzen, aber es wurde übersetzt in „Germanfest Wrestling Champion“ um den Platz zu ehren, wo es stattfand. Es gab Zeiten, wo Tausende um den Ring und außerhalb des Events standen. Diesen Event zu gewinnen war der Startschuss für meine Karriere.

WF: Wie klingt das für Dich: „Du bist der älteste Wrestler, der die NWA World Heavyweight Championship gewann“. Ich sehe das als Wertschätzung & Danksagung. Mit 51 Jahren noch so einen großen Titel zu halten um die Promotion auf seinen Schultern zu tragen, klingt wirklich toll. Kannst Du beschreiben, was Dir dieser Titelgewinn bedeutete?

T: Mir wurde das mit dem Alter erst Monate nach dem Gewinn bewusst. Ich dachte nie über das Alter nach. Ich dachte meine Kondition und meine Arbeit im Ring sprachen für sich selbst. Mir wurde später gesagt, das einige Leute das Gefühl hatten, das ich diesen Titel als Anerkennung meiner harten Arbeit und für den Respekt gegenüber dem Business bekam. Um ehrlich zu sein war es etwas, was ich nicht erwartet hatte und ich wagte nicht einmal davon zu träumen. Ich wusste, das an diesem Abend mein Name auf der Liste stand, mit einigen der angesehenen Namen im Wrestling Business. Diese lange Zeit, für welche ich den Titel halten durfte, überstieg meine Träume und war sehr emotional für mich.

WF: Tim, als ehem. NWA Heavyweight Champion, bist Du für eine bekannte und auch traditionelle Promotion wie eben die NEW mehrfach im Ring gestanden. Die NWA ist auch hier bekannt, wenn auch nicht zu sehen. Kürzlich hast Du Deinen Titel gegen Nick Aldis (Magnus) verloren. Ist ein Rematch geplant und wie siehst Du Nick (als Talent und Mensch)?

T: Ich bin damit aufgewachsen und liebe alles an der NWA. Über die letzten 6-8 Jahre war die NWA meine Hauptpromotion und darauf lag mein Fokus. Das ultimative Ziel für mich war es, alles für mich nur mögliche zu tun, um sie wieder dahin zu bringen, um sie wieder dahin zu bringen, wo sie einmal war. Den NWA North American Titel zweimal zu gewinnen war mir eine Ehre. Ein Rückmatch um den NWA World Heavyweight Titel liegt komplett an einer Entscheidung der NWA. Ich nutze die Zeit um Verletzungen auszukurieren und über meine Zukunft im Wrestling nachzudenken, was auch immer die sein wird. Nick Aldis ist ein toller Herausforderer, ein unglaublich technisch versierter Wrestler und ich war wirklich von seiner Größe und Kraft überrascht. Ich wollte die 10 Pfund Gold wirklich an niemanden verlieren. Aber Nick Aldis ist ein verdienter Champion und verdient all die Auszeichnungen, die man verdienen kann.

WF: Vor diesem Match hattest Du erfolgreich gegen Jerry Lawler verteidigt. Bitte erzähle uns von diesem Match. Wie war es mit Jerry zu arbeiten. im Vorfeld, das Match an sich und auch gerne danach?

T: Aufgewachsen in Arkansas, war Jerry Lawler schon ein Star bevor er sich bei WWE zeigte oder in deren Hall of Fame kam. Er ist ein großer Teil der Wrestling Geschichte und es war eine Ehre für mich, den Ring mit ihm zu teilen. Du hast ja erwähnt, das ich der älteste NWA World Champion war, welcher im übrigen der älteste anerkannte World Title seit 1948 ist. So stand eine Menge Wrestling Geschichte im Ring. Mit Jerry Lawler zu arbeiten machte Spaß und ich denke, das Match war sehr unterhaltend für die große Zuschauerzahl. Er war professionell, in jeder Hinsicht – bevor, während und nach dem Match.

WF: Als absolute Nummer 1 im Wrestling-Geschäft steht immer noch WWE, für welche Du vor Jahren auch im Ring gestanden bist, um gegen den leider viel zu früh verstorbenen „Big Daddy V“ anzutreten. Möchtest Du uns erzählen, wie es zu dem Match kam, wie Du Dich daran erinnerst, den Gegner und das Feedback?

T: Ich schaute über die letzten 20 Jahre jedes Match, um besser zu werden. Zu diesem Zeitpunkt meiner Karriere befand ich mich in meinen 40ern und suchte nach einer Chance. Ich arbeitete zuvor mit ihm 3 oder 4 mal und wusste, das er gerade mit seinem neuen Charakter gepusht wurde und welche meine Rolle war. Das Feedback von Vince McMahon, Barry Windham (welcher der zuständige Agent war) und (mir am wichtigsten) das von Dusty Rhodes war extrem positiv.

WF: War dies ein Tryout oder eine einmalige Buchung, gab es Gespräche oder Interesse an Dir (wenn ja, woran scheiterte es)?

T: Ich hatte mehrere Möglichkeiten während meiner Karriere um weitere zu bestreiten aber es liegt auch oft am Timing. Es gab zahlreiche Gespräche über 6 Monate zuvor und danach. Oft sind Möglichkeiten im Wrestling nicht auf das Talent zugeschnitten, auf genau diese Zeit oder den Ort, was zu dieser Zeit gebraucht wird, für welche Rolle auch immer. Aber letztendlich gab es für mich andere Verpflichtungen die verpflichteten.

WF: Gab es jemals ein Match von Dir auf deutschsprachigem Boden, sind Dir deutsche Wrestler oder Promotions bekannt?

T: Leider nicht. Eines meiner Ziele, welche ich nicht erreichte, war es in Deutschland zu wrestlen. Als ich aufwuchs las ich von Shows in Zelten und Touren. Einer meiner Reisepartner arbeitete dort bei einigen mit und sprach sehr gut über die Zeit dort.

WF: Du hast sicherlich in den Jahren einige Highlights erlebt. Gibt es Lieblingsmatches, die Du hast, Fehden?

T: Es gab so viele, es wäre unfair eins oder zwei rauszupicken und es würde so aussehen, als würde ich Namen nutzen um mich selbst over zu bringen. LoL. Tausende von Matches durch die USA, Japan und Afrika. Es ist hart einen Gegner oder eine Fehde hervorzuheben.

WF: Über lustige Road Storys freuen sich die Fans immer wieder sehr, es wäre toll, wenn Du uns eine erzählen könntest 🙂

T: Mal sehen, ob sich diese Story qualifizieren kann. Lustig? Traurig? Aber wahr. Am Anfang meiner Karriere, vielleicht hatte ich noch keine 10 Matches bestritten, reiste ich mit einem Manager und einem Ringsprecher zu einer Show. Eine Fahrt über 3 Stunden. Das dritte Match des Abends bestritt ich gegen Mad Chief (stell dir das vor). Aufgrund eines Vorfalls konnte einer der Teilnehmer nicht antreten und der musste der Main Event geändert werden. So bekam ich glücklicherweise dieses Match auch. Aufgrund der „No Show“ gab es für die Fans als Entschädigung eine „Over the Top Battle Royal“. Die Zuschauer waren wenig. Aufgrund der wenigen Zuschauer, wurde uns nach der Show gesagt, das der Veranstalter uns allen nur das Benzin bezahlen kann. Sooo, ich gewann das dritte Match, ich gewann den Main Event durch DQ und ich gewann die Battle Royal. Wir bekamen 10 Dollar für Benzin, welche wir durch 3 teilen mussten. 1.33 Doller pro Match. Willkommen beim professionellen Wrestling, Kid.

WF: Wenn Du nicht im Ring stehst, arbeitest Du als Lehrer. Wissen die Schüler & Kollegen was Du am Wochenende so treibst – Wie lautet das Feedback, gibt es auch Fans unter eben diesen?

T: Ich bin ein Lehrer. Ich sage meinen Schülern am Anfang des Jahres was sich mache und sage ihnen auch, das wir das Thema nicht während der Schulzeit besprechen. Ich nehme das lehren und noch wichtiger, was sie lernen, sehr ernst. Wie auch immer, ich arbeite definitiv als „Heel“ Lehrer.

WF: Hast Du Dir ein Ziel gesetzt, welches Du noch erreichen möchtest? Du bist (bei allem Respekt) über 50 und steckst sicherlich manches nicht mehr so weg, wie vor knapp 20 Jahren?

T: Ich arbeite gerade meine Zukunft aus. Ich denke ich kann alles immer noch im Ring tun, was ich vor 20 Jahren auch tun konnte. Diese Ding sind evtl. nicht mehr so gut, wie vor 20 Jahren. Ich mache manches aber 1000% besser als ich es vor 5 Jahren tat. Selbe Geschwindigkeit, gleiche Stärke, besseres Timing wie ich es hoffentlich weiter verbessere. Aber meine Verletzungen dauern länger oder möchten nicht heilen. Der Schmerz geht nicht, manchmal für immer. ich denke alle von uns in diesem Sport akzeptieren dies als Teil von dem, was wir tun. Ich bereue keine Beschädigung die ich meinem Körper angetan habe. Ich möchte nicht der Typ sein, der zu lange bleibt und nicht mehr auf dem Level agieren kann wie erwartet.

Ich hoffe und denke, das ich das wissen werde und wir niemanden brauchen, der das für mich herausfindet. Das Problem ist, ich wrestle nun schon so lange und es ist ein großer Teil meines Lebens und ich kann mir nicht vorstellen, das nicht mehr zu tun, was ich so sehr liebe. Ich bewerte und entscheide in den nächsten Monaten, während sich mein Körper von dem erholt, was es bedeutete World Champion für über 400 Tage zu sein. Aber ich würde es nicht nur wieder tun, ich wünschte es würde weiter gehen.

WF: Wir bedanken uns und wünschen Dir alles erdenklich Gute!

T: Vielen Dank für Deine Zeit und das Interesse. Ich möchte alle Wrestling Fans ermutigen, die NWA anzuschauen, die Zukunft ist aufregend und viel versprechend. Wenn Ihr die „10 Pounds of Gold Series“ auf dem NWA Channel nicht gesehen habt, schaut Euch das an. Ich hoffe Eure Leidenschaft und Liebe für das professionelle Wrestling ist so stark wie meine, für bereits über 20 Jahre.

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