Florenz de la Hunt im WrestlingFever.de Interview (01.09.2024)

WF: Florenz, wir freuen uns sehr auf das Interview mit Dir, hoffentlich ist alles ok bei Dir?

F: Hallo und vielen Dank für die Anfrage. Ich weiß es sehr zu schätzen, dass es Leute wie dich gibt, die uns Aktiven auch abseits des Ringes die Möglichkeit bieten, den Fans und allen anderen Interessierten unseren Sport etwas näher zu bringen und vielleicht auch ein bisschen aus dem Background was mitzugeben, was sie so vielleicht nicht erfahren würden.  Also, vielen Dank für diese Gelegenheit und ja, bei mir ist soweit alles wie es sein soll.

WF: Wir erinnern uns noch an „Florian Jäger“, das ist ein paar Jahre her. Dann gab es eine längere Auszeit und kamst als „Florenz“ zurück – was war geschehen?

F: Die Karriere (wenn man das so nennen möchte) findet in meinen Augen in verschiedenen Phasen statt. Am Anfang ist es erstmal wichtig, dass man das Handwerk, welches einem die Trainer mitgeben, auch im Ring vor Publikum anwenden kann. Da sollte der Fokus dann auch möglichst auf der technischen Seite liegen und nicht zu sehr auf dem „Gimmickwork“. Sonst besteht die Gefahr, dass beides nur so halb passiert und nix wirklich gutes bei rumkommt.

Darüber hinaus bietet die erste Phase eine super Möglichkeit, sich selber im Ring zu finden. Sowohl technisch (Moveset etc.) als auch darstellungstechnisch. Viele Dinge, die man sich für seinen Charakter vorweg überlegt und zurechtpackt, funktionieren am Ende aus verschiedenen Gründen nicht. Sei es, dass man sich nicht wirklich wohl fühlt, oder dass es einem das Publikum nicht abkauft. Und dann hat die beste Idee keinen Wert.

In dieser ersten Phase habe ich genau das umgesetzt. Nach ein paar Jahren und einigen Matches musste ich berufsbedingt dann eine etwas längere Pause einlegen, da ich viel auf Lehrgängen unterwegs war und nicht wirklich die Möglichkeit hatte zu trainieren. Als ich dann wieder ins Training einsteigen konnte und gemerkt habe, dass der technische Kram noch sitzt, konnte ich mich auf die Findung eines Charakters konzentrieren und da ist die Figur „Florenz de la Hunt“ entstanden.

Zu einer Charakterfindung gehört in meinen Augen auch immer eine gewisse persönliche Reife. Nicht nur die Reife im Ring. Es ist wichtig, dass man den Charakter auch selber glaubt und fühlt. In gewisser Art sollten in dem fiktiven Charakter auch immer Züge der eigenen Person liegen, ansonsten läuft man Gefahr, dass die Figur im Ring nur „gespielt“ wird und so unglaubhaft rüberkommt.

Um die Frage anzuschließen, musste ich in den ersten Jahren erstmal selber herausfinden, was ich später im Ring darstellen möchte. Diese Reife hatte ich damals noch nicht und das war auch ok und wichtig für meine spätere Entwicklung mit neuem Charakter.

Wichtig ist mir dabei noch kurz zu erwähnen, dass die natürlich nur meine eigene Meinung und Einstellung ist, die für mich in meinen Augen hervorragend funktioniert hat und die ich auch meinen Schülerinnen und Schülern so mitgebe. Bei anderen Kämpfern mag das anders aussehen.

WF: Dein neuer Name ist eine Anlehnung an Deinen echten Namen. Aber wieso hast Du Dich gerade für diese Formulierung entschieden, statt „Hunter“ oder ähnlichem. Ich finde den Namen sehr gelungen 🙂

F: Vielen Dank 😊

Wie schon gesagt, sollte der Charakter in meinen Augen auch immer auch einen Bezug zur eigenen Person haben. Deshalb fand ich eine Namenskreation, die nicht so weit weg vom eigentlichen Namen ist, sehr charmant.

Der Name ist ehrlich gesagt über viele Jahre entstanden. Auf den ersten Teil, also „Florenz“, bin ich damals im Rahmen einer Jugend TV-Serie gestoßen. Da gab es einen Darsteller, der eben so hieß. Das fand ich irgendwie lustig und außergewöhnlich, weil es sehr nah in meinem Namen aber doch anders ist.

Der zweite Teil, also „de la Hunt“ entstand während einer berufsbedingten Reise. Ich war im Ausland tätig und einige der Kameraden vor Ort haben sich Phantasienamen auf die Uniformen gemacht, um ihre Identität zu schützen, da sie in einem „schwierigen“ Gebiet unterwegs waren. In dem Zuge kam mir, auch wenn es in meiner Verwendung nicht notwendig war, dieser Name in den Sinn.

Als es dann daran ging, den ersten vagen Charakterideen einen Namen zu geben, habe ich die beiden Ideen ausgegraben, zusammengesetzt und war mit dem Ergebnis recht zufrieden. Was mir im Zuge der Namensgebung zudem wichtig erschien, war der Gedanke, dass ich keinen „normalen“ Namen, also klassisch Vor- und Nachname, womöglich englisch, haben wollte, weil mir das zu austauschbar wäre. Meine Idee dabei war, dass der Name im Gedächtnis bleibt, weil er etwas außergewöhnlich ist. Deshalb auch das stumme Z in „Florenz“ (gesprochen „Floron“), was ehrlich gesagt in keiner Sprache einen Sinn ergibt, dazu dann das spanische „de la“ was soweit ich weiß eher für weibliche Formen angewendet wird und das englische „Hunt“. Es ist am Ende ein Phantasiename, von dem ich mir erhofft habe, dass er durch seine ungewöhnliche Form etwas besser im Gedächtnis bleibt. Ob das dann auch klappt, müssen andere (zuletzt die Zuschauer) entscheiden.

WF: Wann hattest Du entschieden, wieder in den Ring zu steigen? Gab es ein Schlüsselerlebnis?

F: Das ich nach der Lehrgangsbedingten Pause wieder in den Ring steige war für mich von Anfang an klar. Ich hätte mit Sicherheit auch während der Lehrgänge am Wochenende auf Veranstaltungen auftreten können. Allerdings konnte ich nicht wirklich regelmäßig trainieren und habe es deshalb vorgezogen erstmal eine Pause einzulegen. Ein Schlüsselerlebnis gab es also nicht.

WF: Du stehst (mit Pausen) knapp 20 Jahre im Ring. Was hat sich, findest du verändert in diesem Business und verfolgt du deinem ehem. Kollegen Junior, der ja auch bei Karsten trainierte?!

F: Das ist richtig, ich habe vor etwas über 20 Jahren mit dem Training begonnen und vor ca. 16 Jahren den ersten Kampf gehabt. Eine wahnsinnig lange Zeit, wenn du mich fragst. Hätte mir damals jemand erzählt, dass ich diesen Sport so lange machen werden, hätte ich es vermutlich nicht geglaubt.

Das Wrestling verändert sich ständig. Vor allem im Zeitalter von Social Media, wo es (einigen wenigen Kollegen) teils nur darum geht, dass sie gewisse Sport in die Kämpfe mit einbauen, damit diese dann gefilmt und hochgeladen werden um dann möglichst viele Klicks zu generieren. Generell auch nicht verwerflich diese Idee, wenn aber nur noch die Klicks im Vordergrund stehen finde ich das nicht mehr sehr ansprechend.

Außerdem glaube ich, dass das Wrestling allgemein etwas schneller und akrobatischer geworden ist (mehr Highflying). Das gilt aber auch nicht für jeden. Es gibt durchaus noch bodenständige Kämpfer, die einen soliden Kampf auf die Matte zaubern, ohne dabei durch die Luft zu fliegen. Dennoch finde ich es wichtig, dass sich der Sport immer weiterentwickelt und mit der Zeit geht. Mit Junior meinst du wahrscheinlich Ludwig Kaiser. Ihn kenne ich schon aus meiner Zeit bei Ecki Eckstein und wir haben dort gemeinsam unsere ersten Stunden absolviert. Er ist dann irgendwann zu Karsten gewechselt und ich etwas später auch. Ja natürlich verfolge ich seinen Werdegang und bin wahnsinnig stolz, was er aktuell erreicht. Ich kann mich sehr gut an ein Statement von ihm und Gunter erinnern, in dem sie gesagt haben, dass es ihr Ziel ist, das Wrestling in Deutschland wieder zu einem Sport zu machen, der ernstgenommen und in dem es den Kämpfern ermöglicht wird, davon (finanziell) zu leben. Ich finde, für dieses Ziel tun sie grade sehr viel und repräsentieren das deutsche Wrestling hervorragend.

Dass ich ein (sehr kleiner) Teil seiner Reise sein durfte, macht mich natürlich sehr stolz. Er hat sich von Anfang an sehr den Arsch aufgerissen und alles, was in seinen Möglichkeiten stand, in diesen Sport geworfen, wofür er jetzt die Früchte erntet. In meinen Augen steht er zurecht dort, wo er aktuell ist.

WF: Wie erinnerst du dich an die Anfänge, Training bei Ecki und Karsten?!

F: Ich erinnere mich vor allem daran, dass es verdammt hart war. Ich würde zwar von mir behaupten, dass ich schon damals einigermaßen fit war, habe lange Fußball gespielt und war auch im Fitnessstudio unterwegs, aber das Wrestling Training war dann nochmal etwas ganz anderes. Ecki und Karsten haben mich (und die anderen) aber auch zu keiner Zeit geschont und wollten immer 100% Leistungsbereitschaft sehen. Wer das nicht gezeigt hat oder nicht mit dem nötigen Ernst bei den Übungen dabei war, wurde auch schonmal frühzeitig duschen geschickt. Klingt zwar erstmal hart, ist aber in meinen Augen der richtige Weg.

Gerade die Fallschule und das Erlernen von Grundfertigkeiten, wie z.B. die In-Ring-Koordination und das allgemeine Körpergefühl, verlangen einem zu Beginn schon sehr viel ab. Das richtige Fallen ist nicht sehr leicht, da wir dabei gegen unsere eigenen Instinkte, uns beim Fallen mit den Armen abzufangen, anarbeiten müssen und der Kopf erstmal begreifen muss, dass es „richtig“ ist, sich mit voller Wucht auf den Rücken zu werfen. Dazu kommen die verschiedenen Fallübungen aus unterschiedlichen Höhen usw. Das war zu Beginn wie gesagt sehr hart und hat mich auch den ein oder anderen Mageninhalt während des Trainings gekostet.

Das ist auch etwas, was ich jedem mit auf den Weg gebe, der neu mit dem Training anfängt. Wrestling ist ein sehr geiler Sport, der einem sehr viel bieten kann. Aber grad zu Beginn zählt ein großes Durchhaltevermögen und auch die Fähigkeit, sich von schlechteren Trainingseinheiten nicht entmutigen zu lassen. Daran sind in meinen Jahren im Sport schon sehr viele gescheitert und wer dies nicht hat, wird es auch leider nicht allzu weit bringen.

Abgesehen von der körperlichen Härte habe ich aber vor allem den Spaß und die Freude am Training in Erinnerung. Ich hatte das Glück, dass ich immer coole Trainingspartner und Partnerinnen um mich hatte, das Training somit sehr viel Spaß gemacht hat und ich immer gerne hingegangen bin.

WF: Weißt Du noch, wer zum Anfang Deiner Wrestling Zeit alles mit Dir startete, der evtl. auch heute noch aktiv ist?

F: Da gibt es tatsächlich noch einige, die mit mir zusammen bzw. kurz nach mir starteten: Michael Schenkenberg, Nikita Charisma, Apu Singh, Dave Davies (auch wenn er nicht mehr aktiv im Ring ist), Ben Böseler sowie Rene Cardinal. Das wären die Namen, die mir da sofort in den Sinn kommen, wobei ich mit Sicherheit ein paar vergessen habe. Alles Jungs, die auch aus dem NFC kommen und bis heute dabeigeblieben sind.

WF: Wo bist Du heute noch aktiv zu sehen, reist Du noch durch Deutschland, oder bleibst Du eher im Norden? Wie sieht Deine Planung bzgl. Karriere aus?

F: Aktuell bin ich vermehrt im Norden unterwegs. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass ich im nächsten Jahr auch wieder etwas weitere Touren mitmache. Genaue und langfristige Pläne zu meiner Karriere habe ich mir eigentlich nie wirklich gemacht. Ich hoffe, dass ich dem Sport noch ein paar Jahre nachgehen kann, werde da aber auch auf meinen Körper hören. Aktuell deutet aber nichts auf einen baldigen Ruhestand hin. In diesem Jahr bin ich tatsächlich nur bei unseren eigenen Shows (vom NFC). Berufsbedingt war es mir leider nicht wirklich möglich, langfristig Bookings anzunehmen. Und bevor ich bereits zugesagte Bookings wieder absagen muss, nehme ich lieber erstmal keine an. Ab dem nächsten Jahr sieht es dann aber wieder etwas entspannter aus.

WF: Danke dir, Florenz – Für dieses Interview und deine Zeit.

F: Ich danke Euch. Man darf nie vergessen, dass es neben den Kämpfern, die Woche für Woche ihr Können im Ring zeigen und den Applaus des Publikums bekommen, viele Leute gibt, die sehr viel für den Sport tun. Vielen Dank, dass Ihr ein Teil dieses ganzen Zirkus seid und den Sport so seit so langer Zeit unterstützt!

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