Kolumne: Doors Open #1 – By Pete Bouncer (30.01.2015)

Doors Open #1 – Vom Traum, ein Wrestler zu sein

Wer ich außerhalb des Rings bin, spielt keine Rolle. Fängt man mit Wrestling an, fängt man bei Null an. An meinem ersten Trainingstag habe ich gelernt: Es verschafft Dir keinen Bonus, was Du studiert hast, wieviel Geld Du verdienst, wieviele Freunde Du hast oder wer Du zu sein glaubst. Am ersten Trainingstag sind alle gleich, jeder kriegt auf die Fresse. So ging es auch mir. Nach zwei Stunden sagte einer meiner Trainer, Crazy Sexy Mike, ich sei talentiert und dürfe wiederkommen, weiter auf die Fresse kriegen. Als Lohn warten dann viele Verletzungen, brutale Einschnitte ins Privatleben, Ärger im Beruf und vollständiger Verlust sämtlicher Hobbies… Ich bin wiedergekommen.

Alles, was mir prophezeit wurde, ist eingetreten. Nach meinem ersten Kampf lag ich zwei Tage im Krankenhaus, Nierenquetschung und mehrere Traumata der LWS. Es folgten Mittelfußbruch, Knorpelschaden im Knie, Beschädigung der Rotatorenmanschette, Gehirnerschütterung, Blutergüsse sämtlicher Größe, Form und Farbe, gebrochene Finger, abgebrochener Zahn, kleine Cuts und das anhaltende Gefühl, dass mein Gedächtnis früher mal besser war.

Viele Freundschaften habe ich verloren, leider nicht nur oberflächliche. Eine langjährige Beziehung ging in die Brüche.
Meinen unbefristeten Arbeitsvertrag habe ich gekündigt. Ich hätte einfach nicht alle Bookings annehmen können.

Das Modeln habe ich aufgegeben, weil ich einmal zu oft beim Casting festgestellt habe, dass diese schrecklichen blauen Flecken total furchtbar und offensichtlich weder retuschierbar noch überschminkbar seien, ganz im Gegensatz zu den zwei bis drei Millimeter tiefen Aknekratern im Gesicht des jungen Mädels, das vor mir dran war.
Wann ich meine PS4 das letzte Mal anhatte, weiß ich nicht mehr. Ich schätze es war irgendwann im Juni.
Ich erinnere mich noch dunkel, wie Kartoffelchips schmecken. In einer Stunde gibt es bei mir Hähnchenbrust, braunen Reis und Brokkoli. Genau wie vor zwei Stunden! Trocken! This is how we do it, Baby!

Fitnessstudio drei bis fünf mal die Woche, je nachdem, wie hart das Wrestlingtraining und die Show am Wochenende waren.

…und ich liebe es!
Ich erwarte nicht, dass irgendjemand das versteht. Man muss schon mehr als verrückt sein, um diesen Sport zu machen. Ich habe da eine Theorie: Die Meisten kommen zum ersten Mal im Alter von ungefähr 6 Jahren in Berührung mit dem Wrestling, die Bekloppten unter ihnen finden es faszinierend. Diese Phase hält unterschiedlich lange an, endet aber häufig spätestens mit 12, 13. Nur einige wenige stark Bekloppte behalten ihre Begeisterung. Sie fangen an tiefer zu graben, gehen über die großen Ligen hinaus, durchstöbern das Internet nach Videos aus Japan und der Indy-Szene weltweit. Von diesen wenigen Gestörten gibt es nun wiederum einige wenige völlig irre Gestalten, die irgendwann den Geistesblitz haben: „Das will ich auch!“ …und hier komm ich ins Spiel, und all‘ meine Kollegen weltweit.

Heute, fast auf den Tag genau vier Jahre nach meinem ersten Training, sitze ich vor der ersten Ausgabe meiner Kolumne.
Als Sechsjähriger habe ich geträumt. Heute lebe ich meinen Traum.
Ich bin Pete Bouncer, 28 Jahre alt. Ich komme aus den Clubs Berlins, denn ich bin Türsteher und Wrestler, und amtierender Next Wrestling Star Champion der German Wrestling Federation.

More coming soon…..!

Pete Bouncer

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