Slinky im WrestlingFever.de Interview (29.01.2022)
Wrestler Slinky

WF: Slinky, schön das du die Zeit gefunden hast, uns dieses Interview geben zu können. Wie geht es Dir aktuell? Corona hat die Welt im Griff, was uns alle aktuell sehr einschränkt.

S: Wow, also für mich ist Corona sehr heilsam. Vor einigen Jahren hatte ich einen Stunt-Job bei einer Prime Time-Produktion, semi-live, für einen großen privaten deutschen Fernsehsender. Damals lag das Hauptaugenmerk auf dem muskelösen Wrestler, der, ich glaube, Lucky Kid, mit einer Powerbomb durch einen Tisch schleuderte. Allerdings hatte die Produktion nicht darauf geachtet einen geleimten Tisch zu verwenden. Der Tisch wurde tatsächlich mit großen Stahlnägeln zusammengehalten. Und als Lucky Kid durch diesen geschleudert wurde, verfehlte sein Körper nur knapp einen Nagel, der etwa 12 cm aus dem geborstenen Holz herausschoss.

Ich hatte kurz vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie weniger Glück. Mir blieb bei einem Stunt für eine Video-Produktion ein großer Splitter im Rücken stecken. Die eigentliche Verletzung heilte relativ gut ab, aber in den Wochen danach entzündete sich mein Rücken so sehr, dass Wrestling-Matches oder weitere Stunt-Jobs das nur noch verschlimmert hätten. Und es ist sehr schlecht seinen eigenen Rücken selbst zu versorgen. Die Zeit des ersten Halbjahrs 2020 konnte ich so gut für meine Genesung nutzen. Und ich mag ja Veränderung – ich konnte in der Zeit der Pandemie sehr tolle Projekte verwirklichen. Beispielsweise habe ich eigene Musik produziert und arbeite auch auf eine eigene Wrestling-Promotion hin.

WF: Du bist inzwischen ca. 11 Jahre aktiv und wurdest bei der GWF in Berlin zum Wrestler ausgebildet. Wie wichtig ist eine professionelle Ausbildung zum Profi Wrestler und welchen Tipp hast Du für Neugierige?

S: Jemand der neu in das Wrestling-Geschäft kommt, und es ist ein Geschäft, sollte sich mit der Kreditwürdigkeit beschäftigen! „Was macht mich kreditwürdig?“, ist eine elementare Frage in unserem Geschäft. Ansonsten ist es oft besser gemeinsam mit Verbündeten das Wrestling-Training zu beginnen. Jeder der mit dem Wrestling Training anfängt, sollte über die Wahl seines Wrestling-Trainers gut nachdenken, und es sollte jedem klar sein, dass man erst sehr viel (Geld, Arbeit und Zeit) in das Geschäft investieren muss, ehe man etwas zurückbekommt.

Die technische bzw. sportliche Ausbildung zu einem Pro Wrestler ist wichtig, aber nachrangig. Pro Wrestling sollte etwas sein, wovon Du Leben kannst. Im besten Fall hat jemand vor Dir es erarbeitet, dass Du mit Pro Wrestling Dich und Deine Familie ernähren kannst. Du solltest die Mentalität haben, dass Du derjenige sein wirst, der nicht nur für einen Nachfolgenden, sondern für mehr als einen nachfolgenden Pro Wrestler diese Möglichkeit erhältst und erweiterst. Das technische bzw. sportliche Training zu finden, das ist heutzutage so einfach wie nie.

WF: Wie bist Du damals dazu gekommen und hast Du diese Entscheidung je bereut?

S: Wie ich ins Pro Wrestling-Geschäft gekommen bin, das ist eine sehr komplexe Frage. Was dem Part des technischen Trainings betrifft, so habe ich im Oktober 2009 mit dem Wrestling-Training in Berlin bei den Chaer-Brüdern begonnen. Was meinen ersten Kontakt mit Fernsehproduktionen betrifft, so habe ich Ende der 1990er Jahre bei einer Produktion von „Molly Luft“ ausgeholfen und so erste Erfahrungen in regionalen Fernseh- und Rundfunkbereich gesammelt. Seit etwa 2005 habe ich mich zudem intensiv im journalistischen Bereich betätigt. Pro Wrestling selbst liegt mir im Blut, aber bewusst habe ich es um 1990 wahrgenommen. Und nein, dass ich Pro Wrestler geworden bin, das bereue ich nicht. Es gibt immer ein paar Sachen die man besser oder anders hätte machen können. Aber hätte, hätte…. Fahrradkette…

WF: Du bist aber nicht nur Wrestler, Du hast bereits angeschnitten, dass du Dich auch der Musik gewidmet hast und als Stuntman aktiv bist. Welche versteckten „Talente“ besitzt Du noch?

S: Ich glaube nicht an Talente. Ich glaube an Hartnäckigkeit! Meine große Stärke ist, dass ich hartnäckig bin. Ich habe ein großes Verständnis für Musik und kann mir da viele Fähigkeiten zielstrebig erarbeiten. Aber letztendlich habe ich nur begrenzte Zeit zur Verfügung und muss Kooperationen eingehen. Darum bemühe ich mich gute Netzwerke aufzubauen! Beispielsweise brauchte ich für eines meiner Musikprojekte eine spezielle Melodie (Gitarre), die ich nicht selbst einspielen konnte. Und ein ehemaliger Produzent von Miley Cyrus hat mir dann nach meinen Vorgaben die Melodie komponiert und eingespielt. Also Netzwerke und Hartnäckigkeit sind gute Werkzeuge für viele Projekte. Das ist vielleicht auch ein Grund, warum ich im Wrestling nicht nur im Ring arbeite, sondern auch als Produzent tätig war und bin. Unterhaltung ist kein Glücksspiel. Unterhaltung ist ein knallhart kalkuliertes Geschäft. Aber ganz sichere ein Geschäft, bei dem man sein Spaß nicht verlieren braucht.

Stunt- und Bodydoublejobs mache ich, aber eher weniger. Ich bin mehr als Schauspieler vor der Kamera zu sehen. Ich war schon in Musikvideos der Atzen oder der Emil Bulls zu sehen, liebe es aber in Serien und Feature-Filmen mitzuwirken. Mein neustes Projekt heißt „Planet Zee“ (Darkside Releasing) und ist seit Februar 2021 weltweit im Vertrieb. In den letzten Jahren habe ich mich ansonsten für ein „Think Tank“ engagiert, der sich mit den Themen Genetik und Raumfahrt beschäftigt.

WF: Du warst aber auch viele Jahre Teil des GWF Office, wie gestaltete sich Dein Aufgabengebiet?

S: Ich habe von März 2015 bis November 2018 Vollzeit im Produktions-Büro der CharBros Wrestling GbR (GWF) gearbeitet. Die Arbeits-Bereiche waren vielfältig und haben auch gewechselt. Für etwa drei Jahre habe ich beispielsweise eigenständig das komplette Ticketing der German Wrestling Federation organisiert. Ebenso habe ich für lange Zeit die sozialen Medien und die Medienarbeit der German Wrestling Federation geleistet. Ich habe da extrem viel erlebt, vom Dreier auf der Toilette einer exklusiven Luxusveranstaltung bis hin zur Kontrolle, ob denn die Tische geleimt oder genagelt sind. Seit dem November 2018 arbeite ich nun für den Wrestling-Dachverband AIWF. Da es in Mitteleuropa noch keine AIWF-Partner Promotions gibt, bin ich hier die sog. „Boots-on-the-Ground“. Also sozusagen der regionale Produzent und Ansprechpartner.

Ich schaue da besonders auch auf den österreichischen Markt. Denn vor Corona hat dort Wrestling angefangen zu brummen! Und in Deutschland hat man zu sehr begonnen sich auf den eigenen Lorbeeren auszuruhen! Aber Corona mischt da auch ein wenig die Karten neu. Besser man mischt, als dass man mischen lässt! Ich bin Ahmed Chaer und Crazy Sexy Mike sehr dankbar. Sie haben auch zum ersten Mal einen ursprünglich kleinen Verein zu einer größeren Firma gemacht. Die Chance, dass ich daran mitwirken konnte, war einmalig! Danke!

WF: Du hast Österreich schon angesprochen, so warst Du hier bereits mehrmals als Wrestler aktiv. Welche Eindrücke hast Du von der WUW oder auch vom wunderschönen Donaustadt Wien mitnehmen können?

S: Ich liebe Wien! Der Charme dieser Stadt ist einzigartig! Und so ist auch ihr kulturelles Angebot! Ich habe dort für World Underground Wrestling gekämpft und habe vor Ort mit Gerhard Hradil trainiert. Für meinen persönlichen Geschmack ist der österreichische Stil gegenwärtig zu sehr amerikanisiert, zu sehr vereinheitlicht! Ich freue mich, wenn dort an den verschiedenen regionalen Traditionen angeknüpft wird. Nicht nur an den populären Catch der 1970er Jahre, sondern auch das Prater- bzw. Rummelcatchen. An Bretterbuden-Wrestling auf Theaterbühnen und an die Wrestling-Traditionen des fahrenden Volkes! Es gibt viele engagierte österreichische Trainer und Promoter im Land. Michael Kovac, Humungus, Marc Landauer und Chris Raaber sind da nur wenige Namen von vielen.

WF: Du hast angeschnitten, dass Du in naher Zukunft wohl auch veranstalten möchtest, gibt es diesbezüglich schon nennenswerte Informationen?

S: Nahe Zukunft“ ist zu hoch gegriffen. Mittelfristig wird das eher etwas. Promotions gehen nicht von heute auf morgen in einen Markt, sondern dort steht jahrelange Vorarbeit dahinter. Das beste Beispiel ist WWE NXT. Sie hatten einen Vorlauf von über 10 Jahren, ehe sie halbwegs angekommen sind. Ich schaue mich gegenwärtig nach annähernd gleichwertigen Partnern um – und letztendlich bleibt es eine Frage des zu investierenden Geldes! Wichtig für mich ist, dass ihr als Begeisterte, weiter dem Wrestling treu bleibt und die Wrestler die ihr gerne habt weiterhin gut unterstützt!

WF: Wir sagen „Danke“, Slinky

S: Dankeschön!

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